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Embedded Finance: Zwischen Chance & Herausforderung
30.09.2023
In einer zunehmend digitalisierten Welt überrascht nicht, dass auch die Finanzdienstleistungsbranche einen tiefgreifenden Wandel durchläuft. Eine Kraft, die diesen Wandel vorantreibt, ist "Embedded Finance". Während zahlreiche Experten und Brancheninsider in Embedded Finance schon die Zukunft der Finanzdienstleistungen sehen, gibt es an dem Konzept auch (berechtigte) Kritik.
In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, was sich hinter dem Konzept „Embedded Finance“ verbirgt und welche Chancen – aber auch Herausforderungen - es für Unternehmer und Verbraucher bereithält.
Embedded Finance bezeichnet die Integration von Finanzdienstleistungen in Produkte oder Dienstleistungen, die selbst nicht aus der Finanzbranche stammen. Besonders im E-Commerce gewinnen Arten des Embedded Finance zunehmend an Relevanz. Das liegt vor allem daran, dass der Erfolg eines Unternehmens, das sich dem Verkauf von Produkten widmet, im Wesentlichen von der Zufriedenheit seiner Kunden abhängt. Neben Produktqualität, Preisgestaltung oder Liefergeschwindigkeit zählt die individuelle Benutzererfahrung (UX) eines jeden Kunden bzw. einer jeden Kundin zu den maßgeblichen Indikatoren, ob und wie oft der bzw. die jeweilige Kundin auch in Zukunft auf die Produkte oder Dienstleistungen zurückgreifen wird – oder sich stattdessen eher für die Konkurrenz entscheidet. Die Benutzerfreundlichkeit einer Plattform – insbesondere die klare und übersichtliche Präsentation der Produke sowie ein einfacher Checkout – Prozess – ist für Kunden und Kundinnen von zentraler Bedeutung.
Embedded Finance, also die Integration von Finanzdienstleistungen in nicht – finanzielle Plattformen und Produkte, ermöglicht nahtlose und demnach bequeme Kauferfahrungen. Finanzdienstleistungen werden mit Produkten und Dienstleistungen aus verschiedenen Branchen verknüpft, indem beispielsweise Zahlungen, Kredite, Versicherungen oder Investitionen so in das Hauptprodukt eingebettet werden, dass Finanztransaktionen und -entscheidungen direkt auf der Plattform durchgeführt werden können - ohne dass diese dabei verlassen werden muss.
Welche Arten von Embedded Finance gibt es?
Embedded Finance hat seinen Weg in praktisch alle Wirtschaftsbereiche gefunden, wobei die spezifischen Ausgestaltungen variieren können. Heutzutage begegnet uns Embedded Finance in unserem Alltag – oft, ohne dass wir es bewusst als solches wahrnehmen. Allerdings ist allen Arten von Embedded Finance gemein, dass dadurch Finanzdienstleistungen nahtlos in den Alltag von Menschen integriert werden. Die folgenden Beispiele zeigen, in welchen Formen Embedded Finance zu finden ist.
Embedded Payments
Unter Embedded Payments versteht man die Integration von Zahlungsverarbeitungsfunktionen in Plattformen oder Anwendungen von Drittanbietern. Somit können Unternehmen Zahlungen auf ihrer eigenen Plattform oder App akzeptieren - ohne, dass die Kunden bzw. Kundinnen die Plattform verlassen müssen, um die entsprechende Transaktion abzuschließen. Die nahtlose Integration des Zahlungsprozesses in den Kontext von Interaktion und Transaktion macht es für Kunden und Kundinnen besonders bequem.
Buy Now Pay Later (BNPL)
Bei „Buy Now Pay Later“ (BNPL) handelt es sich um eine Finanzierungsoption, die es Kunden und Kundinnen ermöglicht, Produkte oder Dienstleistungen zu kaufen und sie erst zu einem späteren Zeitpunkt zu bezahlen. Die Bezahlung erfolgt dann in Raten, die über einen konkreten, vorab festgelegten Zeitraum gezahlt werden. Die Option „Buy Now Pay Later“ wird in der Regel von Drittanbietern bereitgestellte, die mit Einzelhändlern und E-Commerce – Plattformen zusammenarbeiten, um den Kunden und Kundinnen die entsprechenden Finanzierungsmöglichkeiten anzubieten.
Embedded Insurance
Bei Embedded Insurance handelt es sich um eine Art der Versicherung, die in den Kaufprozess eines versicherungsfremden Produkts oder einer versicherungsfremden Dienstleistung integriert ist. Der Versicherungsschutz ist dabei automatisch beim Kauf eines Produktes – wie beispielsweise eines Autos oder einer Reise – inbegriffen. Durch Embedded Insurance wird Kunden und Kundinnen der Zugang für Versicherungsschutz maßgeblich erleichtert – ohne, dass separate Versicherungsverträge abgeschlossen werden müssen.
Embedded Investing
Unter Embedded Investing versteht man die Integration von Finanzanlage- bzw. Investitionsmöglichkeiten in Nicht – Investitionsprodukte oder – Dienstleistungen. Den Kunden und Kundinnen wird durch Embedded Investing die Möglichkeit geboten, in Vermögenswerte oder Wertpapiere zu investieren, ohne einen separaten Anlageprozess durchlaufen zu müssen. Durch Embedded Investing wird die Möglichkeit, Investitionen bzw. Anlagen zu tätigen, für die breitere Bevölkerung zugänglich gemacht.
Embedded Finance findet in seinen jeweiligen Formen immer häufiger Verwendung und kann sowohl auf Unternehmer- als auch auf Verbraucherseite großen Nutzen – aber auch Herausforderungen - bereithalten. Die Vor- und Nachteile von Embedded Finance für Unternehmer als auch Verbraucher beleuchten wir im folgenden Abschnitt.
Vorteile
Vor allem Unternehmen können von der Integration von Finanzdienstleistungen in ihre nicht - finanziellen Produkte, Dienstleistungen oder Plattformen profitieren
Durch schnelle und einfache Zahlungsmöglichkeiten wird die Kundenzufriedenheit maßgeblich gesteigert – und wenn darüber hinaus das gekaufte Produkt oder die gekaufte Dienstleistung mit den Vorstellungen des Kunden übereinstimmt, gelingt es dem Unternehmen so, einen beständigen Kundenstamm aufzubauen. Hierdurch kann folglich die Anzahl der Conversions erhöht werden. Fällt es Nutzern und Nutzerinnen leicht, eine Transaktion abzuschließen, dann greifen sie auch lieber darauf zurück, als wenn sie mit einer schwierigen Bezahlmethode konfrontiert werden – insbesondere dann, wenn es möglicherweise bei der Konkurrenz diese einfachere und schnellere Möglichkeit gibt. Durch die Steigerung der Anzahl an Conversions auf der Website oder in der App können folglich auch die Einnahmen gesteigert werden.
Durch die Einbindung von Finanzdienstleistungen können Unternehmen aber auch darüber hinaus gehende Einkommensquellen generieren, wie beispielsweise durch Gebühren, Provisionen oder Zinsen, die für die Nutzung der entsprechenden Finanzdienstleistung anfallen. Die Einkommensquelle beschränkt sich sodann nicht (mehr) allein auf den Verkauf der jeweils angebotenen Produkte oder Dienstleistungen, sondern schafft neue, zusätzliche Einkommensquellen.
Auch die im Rahmen vom Bezahlvorgang der jeweiligen Nutzerin bzw. des jeweiligen Nutzers angegebenen Daten können Unternehmen dazu dienen, um dem Nutzer oder der Nutzerin einen Service anzubieten, der vollständig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Zudem können personalisierte Angebote und Empfehlungen erstellt werden. Auch hierdurch kann die Anzahl der Conversions maßgeblich erhöht werden.
Gleichermaßen haben Unternehmen so die Möglichkeit, neue Finanzprodukte und Finanzdienstleistungen zu entwickeln, die den sich ändernden Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden entsprechen. Dadurch kann sich das Unternehmen kontinuierlich weiterentwickeln. Durch die Entwicklungen von Embedded Finance – Optionen wird die Integration von innovativen Finanzdienstleistungen in ein Unternehmen vorangetrieben.
Auch können sich Unternehmen durch eine derartige Integration von Finanzdienstleistungen in ihre Website oder App von anderen, konkurrierenden Unternehmen abheben, die eine solche Möglichkeit für ihre Kundinnen und Kunden (noch) nicht anbieten oder diese vergleichsweise ausbaufähig ist.
Nachteile für Verbraucher
Neben zahlreichen Vorteilen, die die immer weitergehende Einbindung von Finanzdienstleistungen in Nicht-Finanzprodukte mit sich bringt, werden Unternehmen aber auch vor zahlreiche Herausforderungen gestellt.
Die Umsetzung der Integration von Finanzdienstleistungen in Websites und Apps stellt sich als technisch äußerst komplexe Aufgabe dar. Die Unternehmen, die auf Embedded Finance zurückgreifen, stammen selbst nicht aus dem Finanz- bzw. Technologiesektor und sind somit auf die Expertise von Profis aus den jeweiligen Branchen angewiesen. Eine solche Zusammenarbeit kann sowohl kosten- als auch zeitintensiv werden. Entscheiden sich Unternehmen allerdings dazu, die entsprechenden Finanzdienstleistungen nicht selbst zu entwickeln und bereitzustellen, sondern mit Drittanbietern zusammenzuarbeiten, entsteht eine starke Abhängigkeit. Probleme und Störungen der Dienste der Drittanbieter wirken sich auch negativ auf die Geschäftstätigkeit des jeweiligen Unternehmens aus.
Des Weiteren müssen strenge Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden, um die sensiblen Daten der Kundinnen und Kunden zu schützen. Die entsprechend einschlägigen gesetzlichen Regelungen müssen dabei zwingend eingehalten werden. Schwachstellen bezüglich der Sicherheit bergen sowohl Risiken für den Unternehmer als auch den Kunden bzw. die Kundin.
Auch Kundinnen und Kunden können erheblich von den Vorteilen von Embedded Finance profitieren, da hierdurch im Grunde genommen alle denkbaren Finanzdienstleistungen nahtlos in den Alltag der Kundinnen und Kunden integriert werden können. Dabei dürfen allerdings auch die negativen Aspekte nicht außer Acht gelassen werden.
Vorteile für Verbraucher
Zu einigen Finanzdienstleistungen - wie beispielsweise Anlagen und/oder Versicherungen - finden Kundinnen und Kunden erst durch Embedded Finance Zugang. Somit werden die angebotenen Finanzdienstleistungen der breiten Bevölkerung zugänglich gemacht und finanzielle Ziele und Sicherheitsbedürfnisse können bequemer verfolgt werden. Auch die hohe Transparenz über anfallende Kosten und eine ausführliche Information über Bedingungen und Optionen integrierter Finanzdienstleistungen lässt das Vertrauen des Kunden bzw. der Kundin in die Sicherheit der jeweiligen eingebundenen Finanzdienstleistung wachsen. Kunden und Kundinnen können Zahlungsoptionen, Anlagestrategien oder Versicherungspakete auswählen, die ihren finanziellen Zielen und Werten entsprechen. Durch flexiblere Bezahloptionen, wie beispielsweise „Buy Now Pay Later“, können Kundinnen und Kunden, die nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel für größere Anschaffungen – zumindest im Rahmen einer Einmalzahlung - verfügen, dennoch das entsprechende Produkt oder die entsprechende Dienstleistung erwerben. Die Bezahlung erfolgt dann über einen festgelegten Zeitraum in Raten, sodass die Gesamtsumme des Kaufpreises nicht bereits beim Kauf des Produktes oder der Dienstleistung vorliegen muss.
Auch das Wesen von Embedded Finance selbst – die nahtlose Integration von Finanzdienstleistungen – steigert das Kundenerlebnis maßgeblich. Insbesondere der Checkout – Prozess wird durch die Einbindung der Transaktion in die Plattform maßgeblich vereinfacht und somit für den Kunden oder die Kundin um einiges bequemer. Der Zahlungsprozess wird in den Gesamtablauf integriert. Dadurch kann ein Kunde oder eine Kundin den Kauf ohne Unterbrechungen abschließen. Somit bietet Embedded Finance Kundinnen und Kunden ein effizientes und vor allem nahtloses Finanzerlebnis, wodurch insbesondere der Bezahlprozess maßgeblich erleichtert wird.
Nachteile für Verbraucher
Zwar können Kunden und Kundinnen von der nahtlosen Einbindung von Finanzdienstleistungen in Nicht-Finanzprodukte bzw. Nicht – Finanzdienstleistungen profitieren, allerdings besteht auch die Gefahr, abhängig von derartigen Plattformen und entsprechender Bezahloptionen zu werden. Insbesondere die Bezahloption „Buy Now Pay Later“ ist tückisch: Kundinnen und Kunden erhalten das erworbene Produkt sofort, wohingegen die Zahlung erst einmal in den Hintergrund rückt. Das kann zu einer unzureichenden Übersicht über die eigenen Finanzen führen und letztendlich in einer dauerhaften persönlichen finanziellen Instabilität enden. Verspätete oder vergessene Zahlungen können zusätzliche Kosten verursachen und sogar Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit haben.
Embedded Finance: Zukunft der Finanzdienstleistungen oder bloß ein Hype?
Embedded Finance bietet Startups und Unternehmen, die selbst nicht aus der Finanzbranche stammen, zweifellos die Chance, seinen Kunden und Kundinnen innovative Zahlungs- und Bankdienstleistungen anzubieten – ohne dabei selbst Bank oder Versicherung sein zu müssen. Dadurch kann eine entsprechende Anpassung an neue, wandelnde Erwartungen von Kundinnen und Kunden erfolgen und entsprechend auf die Nachfrage reagiert werden. Einem Verbraucher ist besonders wichtig, den digitalen Kauf von Produkten und Dienstleistungen so schnell und einfach wie möglich abzuwickeln. Embedded Finance kann diesem Bedürfnis und den Erwartungen der Verbraucher weitestgehend gerecht werden. Das Konzept ist demnach sehr vielversprechend. Allerdings erscheint es jedoch noch sehr verfrüht, eine Einschätzung darüber zu treffen, ob es sich dabei um die Zukunft der Finanzdienstleistungen handelt oder ob Embedded Finance lediglich ein aktueller, vielversprechender Trend ist. Die Entwicklung muss demnach auch noch weiterhin beobachtet werden.
Zwar können sowohl Unternehmer als auch Verbraucher aus der Integration von Finanzdienstleistungen in nicht finanzielle Produkte einen großen Nutzen ziehen – allerdings wird das Konzept „Embedded Finance“ auch in (naher) Zukunft noch einige Herausforderungen bereithalten. Insbesondere die Regulierung von Embedded Finance steckt aktuell noch in Kinderschuhen – in diesem Zusammenhang sind allerdings starke Regulierungen – vor allem bezüglich Datenschutz und -sicherheit - zu erwarten.
Schließlich besteht die Gefahr, dass Embedded Finance die Konkurrenz in der Finanzdienstleistungsbranche einschränkt. Für kleinere Finanzunternehmen können sich Schwierigkeiten ergeben, mit großen Technologieunternehmen und Plattformen zu konkurrieren, die über die Ressourcen und die Reichweite verfügen, um Embedded Finance erfolgreich umzusetzen.
„Embedded Finance“ stellt ein spannendes Kapitel in der Geschichte der Finanzdienstleistungen dar. Die Entwicklung dessen sollte allerdings weiterhin aufmerksam verfolgt werden, da es viele Chancen mit sich bringt.